Meine Stimme ist ein Genussmittel

Stimme trainieren, singen üben - Spaß oder lästiges Übel?

Oh nein, jetzt ist es schon nach 20 Uhr, ich liege auf dem Sofa und mir fällt ein: Ich hab heute gar nicht meine Stimmübungen gemacht! Dabei soll ich das doch jeden Tag machen, hat die Logopädin/Gesangslehrerin gesagt…

Aber ich hab jetzt keine Lust, ich mach’s morgen.

Aber ich kann jetzt nicht, die Kinder schlafen schon.

Aber ich kann jetzt nicht, wir wollten doch jetzt den Film gucken.

Aber ich muss mich jetzt endlich mal entspannen.

Aber…

Na, wie läuft das Ganze wohl morgen ab?

Höchstwahrscheinlich sehr ähnlich bis genauso.

Und warum?

Weil Du die Zeit, die Du mit Deiner Stimme verbringst, als lästige Pflichterfüllung ansiehst.

Als eine weitere Aufgabe auf Deiner sowieso schon ewig langen To-Do-Liste. Als notwendiges Übel, damit Du endlich Deine Stimme auf Vordermann bringst und souverän Deine nächste Präsentation halten oder das nächste Schülerkonzert rocken kannst.

Und wenn Du Dich darauf langfristig vorbereitest (nach dem Konzert ist vor dem Konzert, oder der Präsentation), dann kann es schonmal schwierig sein, das Ziel vor Augen zu behalten, und immer zu wissen, warum Du das eigentlich tust.

Stimmt’s?

Jetzt könntest Du eine Strategie entwickeln, Dein Ziel präsent zu halten, zum Beispiel, indem Du Dir jeden Morgen genau vorstellst und visualisierst, wie souverän und klangvoll Deine Stimme nächsten Sommer bei der Abschlusspräsentation sein wird, wie sich das anfühlen wird, wenn Deine Kollegen Dir auf die Schulter klopfen und Dich beglückwünschen. Das geht.

Aber was Du zusätzlich tun kannst (oder wenn es gar keinen Tag X gibt?!), ist anzufangen, Deine Zeit mit Deiner Stimme (und Deine Stimme!) zu genießen!

Warum singst Du eigentlich? Die allerwenigsten, um damit ihre Familie zu ernähren - das bedeutet, aus Spaß!

Denk da doch mal öfter dran, und erlaube Dir auch, den Übeprozess zu genießen.

Warum hast Du überhaupt angefangen? Was macht besonders Spaß, was ist schön?

Spiel herum, erforsche. Wenn es um Deine Sprechstimme geht: Mach Quatsch, übertreibe, verstell die Stimme. Sing das Lied mal so wie eine Elfe, oder wie ein grummeliger Zwerg, oder eine freche Ente.

Lerne Dich und Deine Stimme kennen.

Hör mal zu: Wie klingt das? Was klingt schön, was fühlt sich schön an - und wer bestimmt eigentlich in Deinem Kopf, was schön IST!?

Du? Oder Dein innerer Kritiker, der sich aus allen missgünstigen, feindseligen, schlechtgelaunten, perfektionistischen Zeitgenossen zusammensetzt, denen Du jemals begegnet bist?!

Auf wen hörst Du? Auf Dich, der diese Zeit und diese Stimme doch gehört? Oder auf den Kritiker? Wenn es der letztere ist, so wie bei ganz vielen von uns: Was bringt Dir das genau, was hat das für Vorteile, und was für Nachteile?

Welche Vor- und Nachteile hat es, wenn Du „nur“ Spaß mit Deiner Stimme hast?

Wie oft hindert Dich der innere Kritiker und die „kein Spaß, sondern Arbeit“-Einstellung daran, überhaupt anzufangen?

Hm…

Was würde sich ändern, wenn Du statt einmal die Woche widerwillig „arbeitest“, 5 oder 6 mal die Woche „spielst“…?

Die Zeit mit Deiner Stimme ist Zeit für DICH.

Für In-Dich-Hineinhorchen, wahrnehmen, wie es Dir geht und wie Du heute klingst. Dafür, den Atem mal fließen zu lassen, den Bauch zu entspannen, die Schultern sacken zu lassen. Gemütlich zu summen und zu brummen. Deine Gesichtsmuskeln zu spüren, zu dehnen, Grimassen zu schneiden. Dir mit Deiner eigenen Vibration aus dem Kehlkopf von innen eine Entspannungsmassage zu gönnen.

Stell Dir vor, Dein Ton wäre flüssige Schokolade und Du würdest ihn wie in einer Form für Schokoweihnachtsmänner (ja, es ist schon bald soweit!) langsam ausschwenken, sodass der kleinste Winkel erreicht wird. Welche Tonhöhe eignet sich bei Dir besonders gut dafür? Probier aus, ich warte.

Kannst Du noch mehr Muskeln und Gewebe und Gelenke lockerlassen und entspannen? Kann dich der Ton bis ins Becken ausbreiten? Wenn nicht - auch nicht schlimm. Trotzdem schön, oder?

Atme, wann Dein Körper will. Lass ihn einfach machen. Stehst Du lieber? Sitzt Du? Liegst Du auf einer warmen Unterlage? Was tut Dir jetzt gut? Verändere Dein Set-Up, damit es optimal ist für Dich. Das kann variieren: Übe, dein Gespür für Deine Bedürfnisse zu bekommen und ihnen auch nachzugeben - besonders in DEINER Zeit.

Beobachte, und wenn Du magst, schreib mal auf:

Was braucht Deine Stimme heute, wie kannst Du dem Klang ein gutes Zuhause bereiten?

Wie verändert sich das von Tag zu Tag?

Darf’s ein warmer Tee dazu sein? 10 Minuten Yoga oder Stretching zum Einstieg? Ein Gang an der frischen Luft? Eine Banane? Deine Lieblingsduftkerze?

DEINE Zeit. Mach es Dir schön.

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Ziele setzen für die Stimme - aber mit Sinn!

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Herausforderungen beim Sprechen und Singen