Warum hört mir keiner zu?!

Es kommt nicht nur auf die Größe der Ohren an, ob wir gehört werden - oft ist entscheidend, wie wir etwas sagen.

Hörst Du mich denn nicht?

Stell Dir vor, Du sitzt in einer Diskussionsrunde und willst zu Wort kommen - gehört werden. Ab und zu gelingt es Dir auch und Du darfst Deine Meinung teilen, doch richtig zuhören tut niemand. Deine Aussagen werden einfach übergangen oder abgenickt. Frustriert gibst Du auf. Dabei hast Du extra laut und deutlich gesprochen… 

Reicht eine laute, durchdringende Stimme denn nicht aus, um „gehört zu werden“? Steckt vielleicht doch mehr dahinter? 

Wenn wir von „gehört werden“ im Sinne von - die Menschen im Raum verarbeiten meine akustischen Signale - sprechen, dann reicht eine laute Stimme mit deutlicher Artikulation sicherlich. Doch speichern Deine Zuhörer die Worte auch ab, beschäftigen sich mit den Inhalten und reagieren darauf? Nicht zwangsweise, wie das Beispiel oben zeigt. Dazu gehört mehr, als eine hörbare Stimme.


Gehört werden - warum ist es so schwer?

Wenn wir unsere Meinung in eine Runde geben, einen Standpunkt beziehen oder einen Vorschlag machen, dann machen wir uns angreifbar und verletzlich. Eine riesengroße Herausforderung für die meisten Menschen, denn wer ist schon gerne angreifbar? Viel lieber laufen wir doch mit einem dicken Schutzschild durch die Gegend und zeigen möglichst wenig von uns, oder? Was wir dabei jedoch oft vergessen ist, dass wir durch ein dickes Schutzschild auch nichts GEBEN können. Hinter dem Schild ist es zwar sicher, doch auch sehr einsam und still. Von dort aus Menschen von Dir und Deinen Ideen zu überzeugen, wird schwierig.

Der erste Schritt hörbar zu werden ist also der Blick auf Dein eigenes Schutzschild. Gibt es überhaupt eins? Ist es ein flexibles Schild, dass Du auch mal ablegst oder eine feste Mauer, die immer dort ist? Gibt es Menschen, Situationen, Gewohnheiten…, die die Mauer oder das Schild verkleinern können? Falls ja, hol Dir mehr davon. Falls nein, begib Dich auf die Suche und etabliere sie in Deinem Alltag.

Welche Faktoren können wir als Sender noch überprüfen? Können wir die Wahrscheinlichkeit erhöhen, tatsächlich gehört zu werden?

 
Erkenne die Bedürfnisse Deiner Gesprächspartner

Sprichst du MIT den Menschen oder nur ÜBER Deine Sache zu den Leuten? Und hast Du das "warum" klar, weshalb Dir die Leute zuhören sollten - also den Nutzen, den sie davon haben, Dir zuzuhören? Nur dann kannst Du Deine Zuhörer dort abholen, wo sie sind und auch nur dann werden sie Dir zuhören beziehungsweise Du gehört werden. Wechsele dafür zwischendurch immer wieder mal die Perspektive, stelle Fragen und vor allem höre zu.


Sei authentisch

“Fake” und aufgesetztes Verhalten hören wir in der Stimme. Und wenn wir hören, dass jemand mit einer Maske zu uns spricht, dann hören wir ganz schnell weg oder nicht richtig zu, weil wir es für wenig glaubwürdig empfinden. Die Wahrnehmung, dass jemand da gerade nicht ganz ehrlich zu uns ist, kann verheerend für den Aufbau von Vertrauen zu dieser Person sein!

Viel lieber hören wir zu, wenn uns jemand sympathisch ist, oder? Das bedeutet übrigens auch, dass wir als Gesprächspartner, Redner oder Präsentator auch Fehler machen dürfen - Perfektionismus ist an dieser Stelle weder für Dich noch für Deine Zuhörer ein Vorteil. Sympathie kommt vor Kompetenz - in aller Regel!

Zum authentischen Auftritt gehört auch, dass Deine Aussagen von Herzen kommen. Auswendig gelernte Botschaften ohne Emotion  überzeugen nur schwer. Oft geht die Sprechabsicht und das - beim Aufschreiben des Skripts noch ehrlich gemeinte Gefühl - beim "runterbeten" des Textes verloren. Wenn Du eine für Dich wichtige Botschaft oder Deine Meinung in einer Diskussion teilen möchtest, dann zeige Dich mit Deiner ganzen Persönlichkeit. Das braucht Mut und Du musst Dich verletzlich und angreifbar machen - für die meisten Menschen eine riesengroße Herausforderung - doch dann hören Dich die Menschen an.


Überprüfe Deine innere Haltung

Wie Du bei den beiden vorhergehenden Punkten wahrscheinlich schon bemerkt hast - Deine innere Haltung ist mal wieder entscheidend. Möchtest Du überhaupt gehört werden? Oder gibt es negative Erfahrungen und Denkweisen, die das verhindern? Beispielsweise: "Ich bin nicht kompetent genug." "Ich bin es nicht wert, gehört zu werden."
Auch wenn die Prozesse unbewusst ablaufen, diese Denkweisen wirken sich auf Dein Sprechverhalten aus und manifestieren sich beispielsweise in

  • Undeutlicher Aussprache

  • schnellem Sprechtempo

  • ohne Pausen reden

  • leiser Sprechstimme

  • passiven, relativierenden oder negativen Formulierungen

Es lohnt sich, einen Blick auf diese Denkweisen oder Glaubenssätze zu werfen und sie in diesem ersten Schritt schon einmal bewusst zu machen.


Checke Deine Körpersprache und etabliere Blickkontakt

Deine Körpersprache verrät, ob Du gehört werden möchtest oder den Raum am liebsten fluchtartig verlassen möchtest.

Bist Du Deinen Gesprächspartnern zugewandt oder zeigen Deine Füße in Richtung Tür? Bist Du so auf Stuhllehne abgestützt, dass Du bereit zum Sprung bist oder sitzt Du mit einer offenen Haltung und aufmerksam auf dem ersten Drittel des Stuhls? Suchst Du den Blickkontakt oder huschen Deine Blicke flüchtig über die Anwesenden? Sind Deine Arme verschränkt vor Deiner Brust oder hast Du eine offene, freie Gestik?

Gehört werden geht also weit über die Sprechlautstärke und die verständliche Aussprache hinaus. Deine Persönlichkeit, innere Haltung, Dein Wertesystem und Deine Antreiber entscheiden vor allem darüber, ob Deine Botschaft beim Gegenüber ankommt, oder nicht. Wie gut, dass wir auch an diesen Schrauben drehen und uns weiterentwickeln können - wenn wir wollen.


“Sprich, damit ich dich sehe.” Sokrates

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Ein offenes Buch: Wie verräterisch ist Deine Stimme?

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Oh nein! Erkältungszeit!